Was ist für dich das Gegenteil von Erfolg? Die Chancen stehen gut, dass du spontan mit Scheitern, Fehler machen oder gar Versagen geantwortet hast. Doch das könnte falscher nicht sein. Ganz im Gegenteil, denn Scheitern gehört nicht nur zum Erfolg dazu, es ist sogar ein essenzieller Bestandteil. Denn nur wer Fehler macht, der entwickelt sich auch weiter und lernt dazu. Die Philosophie des „Schöner Scheitern“ ist also unabdingbar, wenn du persönlich und beruflich wachsen möchtest. Und in diesem Blogartikel wollen wir uns einmal anschauen, wie dir das am besten gelingt.
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ToggleDie Angst vor dem Scheitern
Wohin du auch blickst, überall herrscht mehr oder weniger Stillstand. Man traut sich nicht mehr, innovativ zu denken, mutige Entscheidungen zu treffen, und die Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen. Stattdessen geht man lieber auf Nummer Sicher und verwaltet den zwar ungeliebten, aber gleichsam gewohnten Status quo. Und der Grund ist so einfach wie tragisch. Würdest du die handelnden Personen fragen, dann würdest du eine Variation der folgenden Antworten erhalten: „Dafür bin ich nicht zuständig„, „Das lässt sich nicht so einfach ändern“ oder natürlich der berühmt-berüchtigte Klassiker „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Und diese gleichgültige Haltung führt dann dazu, dass man Dienst nach Vorschrift macht, über Sinn und Unsinn von Regeln gar nicht erst nachdenkt oder auf ein digitales Problem mit einem Prozess reagiert, der noch aus der guten, alten analogen Zeit stammt. Oder anders ausgedrückt: Man versucht ein Problem von heute mit den Methoden und Ansätzen von vorgestern zu lösen.
Aber woran liegt diese grundsätzliche Weigerung, sich auf innovative Ideen, neue Wege und mögliche Verbesserungen von Abläufen einzulassen? In Organisationen ist es so gut wie immer eine negative Fehlerkultur in Kombination mit einer Führungskultur, die auf Druck und Angst basiert. Das sieht dann in der Regel wie folgt aus. Irgendjemand begeht einen Fehler, worauf umgehend die Suche nach einem Schuldigen beginnt. Ist dieser erst einmal identifiziert, wird auf eine verurteilende Art und Weise mit dem Finger auf diese Person gezeigt, die dadurch vor Scham am liebsten in Grund und Boden versinken würde. Die Folge? Schleichend entwickeln die Menschen eine tief sitzende Angst davor, Fehler zu machen. Kein Wunder, wenn mögliche Konsequenzen wie Abmahnungen, öffentliche Demütigung oder gar Kündigung permanent wie ein Damoklesschwert über einem schweben. Und so kommt es, dass überhaupt keine Entscheidungen mehr getroffen werden, niemand mehr ein Risiko eingeht und sich im besten Fall nur noch Dienst nach Vorschrift auf der Tagesordnung befindet. Viel häufiger passiert aber nicht mal mehr das, sondern es wird ausschließlich noch der Stillstand verwaltet. Eine logische Konsequenz, denn wer nichts tut, der kann schließlich auch keine Fehler begehen. Eine tragische Entwicklung, die früher oder später in einer toxischen Unternehmenskultur endet.
Die Negativspirale einer destruktiven Fehlerkultur
Aber auch auf der persönlichen Ebene haben viele Menschen eine fast schon panische Angst vor dem Scheitern entwickelt. Weil Misserfolge in den unterschiedlichsten Lebensbereichen fast schon automatisch mit der Überzeugung einhergehen, dass man ein Versager sei. Und dies führt zu einem faszinierenden Dilemma. Je verkrampfter man versucht, bloß keine Fehler zu machen, desto häufiger treten diese auf, was auf Dauer das Selbstvertrauen richtig in den Keller sinken lässt. Ich möchte an dieser Stelle einen Zusammenhang gerne besonders herausstellen: Der größte Erfolgsverhinderer von Veränderungen ist der Faktor Druck.
Und damit meine ich sowohl die äußeren Zwänge und Erwartungen, insbesondere aber die innere Angst vor möglichen Fehlern und die daraus resultierende Belastung, der wir uns selbst aussetzen. Die emotionale Last, in einem ganz bestimmten Zeitraum ein spezifisches Ergebnis erzielen zu müssen, auf keinen Fall scheitern zu dürfen und permanent gegen den Status quo deines Jobs, deiner Gesundheit, deiner Finanzen, deiner Beziehungen und deiner generellen Zufriedenheit im Leben ankämpfen zu müssen. Die Lösung ist wie so häufig sehr einfach, aber auf keinen Fall leicht. Die Kunst ist es, den Druck und die Angst vor Fehlern aus Ihrem Leben zu verbannen und durch eine gesunde Portion Gelassenheit zu ersetzen.
Druck und Angst verhindern den Erfolg
Würdest du mir zustimmen, dass du immer dann besonders erfolgreich bist, wenn du Aufgaben entspannt, gelassen und mit einer großen Portion Selbstvertrauen angehst? Und dann verkrampfst, wenn du Fehler unbedingt vermeiden willst, dem Druck nicht standhalten kannst und ein gewünschtes Ergebnis so dringend brauchst, dass du bei der Umsetzung wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange erstarrst? Nimm zum Beispiel meine Lieblingssportart Golf. Egal, ob du jemals in deinem Leben einen Schläger in der Hand gehalten hast oder nicht, einen Putt aus einem halben Meter Entfernung würdest du mit hoher Wahrscheinlichkeit in neun von zehn Fällen ganz locker einlochen.
Aber wie sähe es aus, wenn es der letzte Putt beim wichtigsten Turnier der Welt wäre? Wenn das Ergebnis über ewigen Ruhm oder das Image eines Versagers entscheiden würde? Wenn du wüsstest, dass du nur noch einen Schlag von ungeahntem Reichtum auf deinem Konto entfernt wärst? Unter solchen Rahmenbedingungen wirken die fünfzig Zentimeter auf einmal unendlich lang. Weil das Herz schneller schlägt. Die Hände zu schwitzen beginnen. Und dein innerer Dialog dich permanent daran erinnert, was alles schiefgehen kann. Eine vollkommen leichte Tätigkeit wird unter Druck auf einmal zur schwersten Aufgabe der Welt.
Dieses Phänomen taucht im Alltag übrigens ständig und überall auf. Beim Flirten, in Verhandlungen, in der Kommunikation, in zwischenmenschlichen Beziehungen, beim Sport, im Verkauf und natürlich in den unterschiedlichsten Kontexten im Job. Ich weiß noch genau, wie ich direkt nach dem Studium zu einem Vorstellungsgespräch bei einem absoluten Traumunternehmen eingeladen wurde. Nichts auf der Welt wollte ich mehr als diesen Job, denn ich wusste, dass mir dadurch sämtliche Türen für eine erfolgreiche Zukunft weit offenstehen würden.
Doch diese Aussicht beflügelte mich nicht etwa, sondern führte dazu, dass ein zentnerschwerer Druck auf meinen Schultern lastete. Von der Angst vor dem Scheitern angetrieben versuchte ich, der perfekte Kandidat für das Unternehmen zu sein und machte damit so ziemlich alles falsch, was man falsch machen konnte. Ich verkrampfte, antwortete mit auswendig gelernten Phrasen und wirkte eher wie ein Roboter als ein Mensch mit einer facettenreichen Persönlichkeit. Nach nur zehn Minuten tauschten die beiden Personalerinnen einen vielsagenden Blick aus, um mir dann mitzuteilen: „Ähm, vielen Dank, Herr Grzeskowitz. Wir melden uns.“
Erfolgsfaktor Gelassenheit
Die Absage ließ logischerweise nicht lange auf sich warten, aber zum Glück gab ich nicht auf und ging trotz des holprigen Starts meinen Weg als Geschäftsführer im Einzelhandel. Und je erfolgreicher ich wurde, je mehr mein Netzwerk wuchs und je mehr ich externe Audits mit entsprechenden Empfehlungen abschloss, desto mehr Jobangebote erhielt ich. Von direkten Wettbewerbern, von Unternehmensberatungen und sogar von bekannten Marken aus mir völlig fremden Branchen. Ich fühlte mich zwar sehr geschmeichelt, war aber überhaupt nicht interessiert, da ich bereits die Entscheidung getroffen hatte, mich als Keynote Speaker und Autor selbstständig zu machen.
Trotzdem nahm ich die Vorstellungsgespräche wahr. Denn einerseits kann es ja niemals schaden, den eigenen Marktwert zu testen, und andererseits war ich mir sicher, dass die Erfahrungen für meine zukünftige Aufgabe als Veränderungsexperte sehr hilfreich sein könnten. Und rate, was geschah. Richtig, meine innere Gelassenheit übertrug sich auf mein gesamtes Auftreten und meine Kommunikation, sodass ich in jedem einzelnen Gespräch ein Jobangebot erhielt. Und zwar ohne auch nur um einen einzigen Euro bei meinen durchaus anspruchsvollen Gehaltsvorstellungen verhandeln zu müssen.
Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, oder? Je verkrampfter man sich an eine Aufgabe macht, je mehr man etwas verzweifelt braucht und eine panische Angst vor dem Scheitern hat, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass man genau das Gegenteil von dem erreicht, was man sich eigentlich gewünscht hatte. Lässt man sich hingegen von einer inneren Gelassenheit leiten und akzeptiert, dass Fehler zum Leben nun mal dazu gehören, dann kommt es von ganz alleine zu einer Weiterentwicklung und oftmals auch viel schneller zu den erhofften Ergebnissen. Der amerikanische Leichtathletikcoach Joe Vigil hat dies in folgender Metapher perfekt beschrieben: „In deinem Herzen wohnen zwei Göttinnen. Die Göttin der Weisheit und die Göttin des Reichtums. Alle denken, dass man zuerst reich sein muss, und die Weisheit folgen wird. Und so fangen sie an, dem Geld hinterherzurennen. Aber die Reihenfolge ist falsch. Du musst Dein Herz der Göttin der Weisheit schenken und ihr all Deine Liebe und Aufmerksamkeit geben. Dadurch wird die Göttin des Reichtums eifersüchtig und dir automatisch folgen.“
Scheitern als Voraussetzung für Erfolg im Leben
Ein wundervolles Bild, nicht wahr? Das Wichtigste steht allerdings zwischen den Zeilen. Hierzu musst du gedanklich nur den Begriff Reichtum durch Erfolg ersetzen, was auch immer du darunter verstehst. Um diesen zu erreichen, bedarf es sowohl persönlichen Wachstums als auch einer Reihe von notwendigen Veränderungen. Und diese lassen sich eben wesentlich einfacher umsetzen, wenn du nicht verkrampft einem spezifischen Resultat hinterherrennen und wie eine Maschine gegen den Status quo ankämpfst, sondern sich mit Gelassenheit darauf konzentrierst, das Leben zu genießen, an seinen diversen Aufgaben zu wachsen und dich weiterzuentwickeln. Dies bedeutet übrigens nicht, dass sämtliche Erfolge zufällig passieren. Es bedeutet auch nicht, dass du dir keine Ziele mehr setzen oder nicht mehr diszipliniert an der Umsetzung arbeiten solltest. Ganz im Gegenteil, all das ist natürlich wichtig. Die Gelassenheit ist ganz einfach die Antidote zur Tendenz, es mit den Veränderungen zu übertreiben, zu viel Druck aufzubauen und dadurch bei der Umsetzung zu verkrampfen.
Das Paradoxon des Scheiterns
Ich möchte mit diesem Blogartikel gerne ein leidenschaftliches Plädoyer für das Scheitern halten. Dich dazu ermutigen, schöner zu scheitern. Häufiger zu scheitern. Und aus diesem Scheitern dann zu lernen, besser zu werden und als Persönlichkeit zu wachsen. Dabei liegt es mir übrigens fern, Misserfolge glorifizieren zu wollen. Vielmehr möchte ich dich daran erinnern, dass sie zum Leben nun einmal dazugehören wie die Luft zum Atmen. Und je komfortabler du mit Rückschlägen umgehen kannst, desto mehr werden Leichtigkeit, ein hohes Selbstvertrauen und eine tiefe innere Gelassenheit Einzug in Ihr Leben halten. Daraus folgt ein gewisses Paradoxon:
Je selbstverständlicher du mit dem Thema Scheitern umgehen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass du erfolgreich sein wirst.
Und genau deshalb funktioniert Veränderung eben dann am besten, wenn sie nicht auf Krampf und Druck basiert, sondern auf Leichtigkeit, Balance und Gelassenheit. Ein perfekter Ausgangspunkt ist die folgende Frage:
Was würdest tun, wenn du wüsstest, dass du nicht scheitern könntest?
Diese Frage hast du sicherlich schon einmal gehört, nicht wahr? Sie hat einen festen Platz in sämtlichen Erfolgsbüchern und wird auch von Keynote Speakern rund um die Welt gerne bemüht, wenn es darum geht, den Mut für das Verfolgen der eigenen Ziele und Träumen aufzubringen. Die Idee dahinter klingt auf den ersten Blick logisch: Weil die meisten Menschen aus Angst vor dem Scheitern gar nicht erst anfangen, eliminiert man diese Möglichkeit ganz einfach gedanklich und hilft sich damit selbst, den so wichtigen ersten Schritt zu gehen. Aber Vorsicht! Ich halte diese Frage nämlich für extrem gefährlich. Warum? Ganz einfach, weil sie aus meiner Sicht das Resultat einer sich immer weiter ausbreitenden Mentalität ist.
Schöner Scheitern mit einer kraftvollen Frage
Egal, ob es sich um die Politik, das Treffen von schwierigen Entscheidungen in Unternehmen oder das Umsetzen von genialen Ideen handelt im persönlichen Alltag handelt, immer mehr Menschen agieren nach dem Motto: „Ich würde es ja probieren, wenn man mir garantieren würde, dass es auf jeden Fall klappen wird.“ Schon mal gehört? Vielleicht schon selbst einmal gedacht? Diese Denkweise basiert allerdings auf einem großen Irrtum. Das Leben funktioniert so leider nicht. Für absolut nichts gibt es eine Garantie. Ganz im Gegenteil. Jede Chance birgt immer auch Risiken, perfekte Pläne können schiefgehen, jedem Erfolg stehen immer entsprechende Misserfolge gegenüber und insbesondere die erfolgreichen Persönlichkeiten sind auf dem Weg zu ihren Errungenschaften häufig mehrfach krachend gescheitert.
Obwohl dies allgemein bekannt ist, schlummert tief im Unterbewusstsein der großen Masse immer noch die Erwartung, dass man selbst von dieser Dualität nicht betroffen sei, und man die kleinen und großen Vorhaben des Alltags direkt im ersten Anlauf erreichen müsste. Und ehe man sich versieht, hat man sich selbst einen immensen Druck aufgebaut und fängt vor lauter Angst vor einem möglichen Scheitern gar nicht erst mit der Umsetzung an. Das Buch wird nicht geschrieben, das Unternehmen nicht gegründet und der Traum nicht gelebt. Weil man sich davor fürchtet, dass sich andere Menschen lustig machen könnten. Dass man nicht gut genug wäre. Und sich in den buntesten Farben ausmalt, was alles schiefgehen kann. Die Konsequenz? Viele Menschen haben ihr Leben an folgender Regel ausgerichtet: Wenn es keinen leichten Weg gibt, dann gehe ich gar nicht erst los.
Scheitern als essenzieller Bestandteil des Lebens
Was für eine tragische Haltung. Bevor du nämlich deine ganz persönlichen Ziele erreichen kannst, fordert das Universum eine Menge Rückschläge, Fehler und Misserfolge ein. Scheitern gehört zum Leben dazu wie Asterix zu Obelix, wie Marzipan zu Lübeck und wie der Song Last Christmas zur Weihnachtszeit. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Je häufiger du auf deinem Weg scheiterst, desto erfolgreicher werden wirst du sein. Ja, du hast richtig gelesen.
Die Anzahl deiner Fehler ist ein direkter Spiegel deines Erfolgs in sämtlichen Lebensbereichen.
Nur wer handelt, der verändert sich aktiv. Nur wer mutige Entscheidungen trifft, der wird besser. Und nur wer sich traut, neue Ideen auszuprobieren, der findet irgendwann die richtige. Dabei passieren nun mal zwangsläufig Fehler. Jeder einzelne davon ist ein wertvolles Feedback, dass du dich in der so wichtigen Umsetzung befindest. Mit jeder einzelnen Erfahrung wirst du wachsen, dich weiterentwickeln und erfolgreicher werden. Die Geschichte ist voller Beispiele von Menschen, die sich konsequent Richtung Erfolg gescheitert haben.
Scheiter dich vorwärts
Die Buchidee von Verlegerin Arianna Huffington wurde von 36 Verlagen abgelehnt, bevor sie mit der Huffington Post die Medienlandschaft nachhaltig veränderte. Harland Sanders, der Gründer von Kentucky Fried Chicken, bekam von 1009 Banken ein Nein, als er Ihnen seine Geschäftsidee präsentierte. Und Regie-Ikone Steven Spielberg wurde von drei Filmschulen abgewiesen, bevor ihm mit Filmen wie E.T., Indiana Jones oder Jurassic Park der große Durchbruch gelang. Und weil ich wetten könnte, dass es auch in deinem Leben Beispiele gibt, wo du erst durch einen großen Fehler zum entscheidenden Durchbruch gekommen bist, möchte ich dir gerne eine alternative Formulierung für die Frage von weiter oben vorschlagen:
Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du auf jeden Fall scheitern wirst?“
Ja, du hast tatsächlich richtig gelesen. Dieser Ansatz mag auf den ersten Blick vollkommen verrückt erscheinen, denn wer startet schon gerne mit etwas, von dem man weiß, dass es auf keinen Fall klappen wird? Wenn du die Frage aber sacken lässt und etwas länger über mögliche Antworten nachdenkst, dann könnte ein echter Durchbruch auf dich warten. Du wirst nämlich über kurz oder lang auf die Ziele, Vorhaben und Träume stoßen, für die du so sehr brennst, dass du bereit wärst, sie auch ohne ein erfolgreiches Ergebnis in Angriff zu nehmen. Einfach, weil du Freude am Prozess selbst hast und in der eigentlichen Tätigkeit so richtig aufgehst.
Was würdest du tun, wenn du wüsstest, dass du scheiterst?
Also Hand aufs Herz, was wäre es wert getan zu werden, auch wenn es nicht erfolgreich sein würde? Ich musste an diese Frage denken, als ich meine Schwester im September beim Berlin Marathon angefeuert habe, an dem jedes Jahr über 50.000 Menschen teilnehmen. 99,9 % dieser Menschen wissen, dass Sie das Rennen auf keinen Fall gewinnen werden. Trotzdem machen sie mit und bereiten sich monatelang auf diesen einen Tag vor. Weil es überhaupt nicht um das Gewinnen an sich geht, sondern ausschließlich darum, dabei zu sein. Die einzigartige Atmosphäre aufzusaugen. Und natürlich um das unbezahlbare Gefühl, wenn man nach 42 mühevollen Kilometern endlich die Ziellinie überschreitet.
Für mich handelt es sich dabei nicht nur um eine wunderbare Metapher für das Leben an sich, sondern auch um ein perfektes Anwendungsbeispiel von Gelassenheit im Alltag. Der Punkt ist nämlich folgender. Das Endresultat hängt von so vielen unterschiedlichen Faktoren ab, die du allesamt nicht kontrollieren kannst. Wie du den Prozess steuerst, welche Dinge du tust oder lässt und mit wie viel Herzblut du die Aufgabe angehst, liegt hingegen zu 100 Prozent in deinem Einflussbereich. Und je mehr du dich darauf konzentrierst, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass du auch ein gutes Ergebnis erzielen wirst.Ein paar Beispiele gefällig?
- Schreib das Buch nicht, weil du unbedingt auf der Bestsellerliste landen willst, sondern weil du etwas zu sagen hast und dir das Schreiben Spaß macht.
- Starte den YouTube-Kanal nicht, umso schnell wie möglich hunderttausende Abonnenten anzusammeln, sondern weil du Freude am Drehen von inspirierenden Videos hast.
- Geh nicht aus, um einen Partner zu finden, sondern weil du gerne feierst und die Gesellschaft anderer Menschen genießt.
- Gründen Sie das Start-up nicht, um es möglichst schnell für mehrere Millionen zu verkaufen, sondern weil du mit deiner Geschäftsidee die Probleme vieler Menschen lösen können.
Auf diese Weise gehst du ohne jeglichen Druck, dafür mit einer Menge Gelassenheit an die jeweiligen Aufgaben und kannst dich zu hundert Prozent auf das konzentrieren, was wirklich zählt. Und wer weiß, vielleicht wird das Buch am Ende doch ein Bestseller, vielleicht schießt ihr Kanal eines Tages durch die Decke, vielleicht treffen Sie Ihren Traumpartner und vielleicht wird aus Ihrem Start-up tatsächlich das nächste Einhorn (Hiermit ist eine Marktbewertung von Unternehmen gemeint, die über 1 Milliarde Dollar beträgt.). Und wenn nicht? Dann ist es auch kein Beinbruch. Weil es dir nie um das Ergebnis, sondern immer um den Weg zum Ziel gegangen ist.
Das Gegenteil von Erfolg
Ich möchte die Frage daher noch einmal wiederholen: Was würden du tun, wenn du wüsstest, dass du auf jeden Fall scheitern würdest? Mach am besten eine Liste mit allen Antworten, die dir einfallen. Und dann fang mit der Umsetzung an. Und zwar heute und nicht irgendwann. Tu die Dinge, die dich nachts nicht schlafen lassen. Erfüll dir die Träume, die schon so lange in der Schublade liegen. Und pack die Projekte an, die du bisher aus Angst vor dem Scheitern immer wieder aufgeschoben hast. Ja, Misserfolge können hart sein. Aber viel schlimmer ist das Gefühl, wenn du irgendwann zurückblickst und bereust, es nicht zumindest einmal versucht zu haben. Habe ich recht?
Je eher du akzeptierst, dass Scheitern und Fehler zum Leben dazugehören, desto besser. Franz Beckenbauer wurde für seine Motivationsrede vor dem WM-Finale 1990 berühmt, als er der Nationalmannschaft um Lothar Matthäus, Rudi Völler und Andreas Brehme eine einzige Botschaft mit auf den Weg gab: „Geht’s raus und spuilts Fußball.“ Ich möchte diesen Satz gerne adaptieren und dir zurufen: „Geh raus und scheiter dich erfolgreich.“ Das Leben ist einfach zu kurz, um es mit Ausreden und Angst vor der eigenen Courage zu verschwenden.
Ach ja, und das bringt mich zurück zur Ausgangsfrage, nämlich was genau eigentlich das Gegenteil von Erfolg ist. Die Antwort sollte mittlerweile auf der Hand liegen: Es ist das Mittelmaß. Doch mit diesem hast du durch die Anwendung der Philosophie des Schöner Scheitern zum Glück ja nichts mehr am Hut.